Korporation Horw: Handeln für die übernächste Generation

Seit über 400 Jahren trägt die Korporation Horw zur Entwicklung der Gemeinde bei. Sie engagiert sich für die Öffentlichkeit, handelt heute jedoch anders als vor 400 Jahren. Dazu gehört auch: Land im Baurecht abgeben und selber günstigen Wohnraum schaffen.

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Horw im 16. Jahrhundert. Ein überschaubares Dorf, umgeben von Weideland, Wald und See. Hier lebten die Reinhards und Buholzers, aber auch die Familien Studhalter, Haas, Heer oder Kaufmann. Das Land war gemeinsamer Besitz: Talboden und Hochwald der heutigen Gemeinden Luzern, Horw, Kriens und Malters gehörten allen Bürgern, die in diesem Gebiet lebten. Erst 1588 wurden Allmend und Hochwald zwischen den vier Gemeinden aufgeteilt, um das Weiden der Kühe und das Schlagen von Holz besser organisieren zu können. Damit begann die Geschichte der Korporation Horw, erklärt Präsident Heiri Heer: «Ein Teil der Ländereien kam in den Besitz von Kanton und Gemeinden, einen Teil erhielten die damals dort ansässigen Bürgerinnen und Bürger.» Sie schlossen sich zu einer neuen Gemeindeform zusammen – zur Korporation. «Die Korporation Horw bestand somit aus den elf Geschlechtern, die damals hier lebten. Das Land gehörte in der Folge der Korporation als öffentlich-rechtlicher Körperschaft mit Gemeindestatus. Die ansässigen Bürger hatten ein Nutzungsrecht, der Boden gehörte ihnen also nur leihweise.» Die Nachkommen der Ur-Horwer leben noch immer im Talboden. Bis auf Sigrist und Schnider sind noch alle damaligen Geschlechter in Horw vertreten.

Für die Allgemeinheit

Die Korporationen haben die Jahrhunderte überdauert und einen anerkannten Gemeindestatus. «Wir erbringen Dienstleistungen für die Allgemeinheit, die man sonst nicht hätte oder die Kosten verursachen würden.» Als Beispiel nennt Heiri Heer den Wald. «Die Korporation Horw besitzt am Pilatushang und in der Biregg rund 300 Hektaren Wald. Diesen Wald pflegen wir und stellen ihn allen Bürgerinnen und Bürgern als Naherholungsgebiet zur Verfügung.» Zudem unterstützt die Korporation den Artenschutz. «Das Auerhuhn ist vom Aussterben bedroht. Daher wurde im Mai 2019 am Pilatus ein Reservat eingerichtet. Die Korporation hat rund 70 Hektaren Wald beigesteuert, die in den nächsten 25 Jahren nur sehr zurückhaltend genutzt werden.» Dieses Engagement ist bezeichnend für das Wirken der Korporation: Die aktuell 329 Korporationsbürger und der Korporationsrat haben die nächste und übernächste Generation vor Augen.

Teil der Elefantenrunde

Die Korporation Horw zählt heute zu den fünf grössten Korporationen im Kanton Luzern. Zusammen mit den Korporationen Luzern, Sursee, Willisau und Beromünster ist sie Teil der sogenannten Elefantenrunde. Es geht längst nicht mehr nur um die gemeinsame Verwaltung und Nutzung von Eigentum wie Weideland und Wald. Zwar besitzt die Korporation Horw noch immer viel Land und Wald, der bewirtschaftet werden muss. «Unsere Kernaufgaben sind komplexer und vielfältiger geworden. Wir verhandeln heute Durchleitungsrechte, etwa im Zusammenhang mit der Seewassernutzung. Die Leitung dafür wurde durch Parzellen der Korporation verlegt», erklärt Korporationspräsident Heer. Auch die neue Abwasser-Druckleitung von Real tangiert diverse Grundstücke der Korporation. «Da finden permanent Gespräche statt.»

Landverkauf für Technikum

Was die Korporation vor allem in der Vergangenheit stark gefordert hat, sind der Verkauf und der Kauf von Land. Verkauft wurden Parzellen an Privatpersonen und Unternehmen wie die Ziegelwerke, aber auch mehrfach an die SBB für Gleise und die Gemeinde Horw: Etwa 1960 für den Kindergarten Bachstrasse oder 1973 für das neue Verwaltungsgebäude. Prägend für die Entwicklung von Horw war der Verkauf von Land an den Kanton für den Neubau des Technikums, der heutigen Hochschule Luzern – Technik & Architektur (vgl. Kapitel «Innovation»). 1969 verkaufte die Korporation dafür rund 38’000 m2 Land, 1981 weitere rund 24’000 m2. «Das Land wurde verkauft und war damit weg. Heute würde man das Land im Baurecht abgeben», sagt Heiri Heer. «Aber wenn man bedenkt, wie sich Gemeinde und Kanton dank des Landverkaufs weiterentwickeln konn­ten, war das ein wertvoller Beitrag an die Öffentlichkeit.» Mit dem Verkaufserlös hat die Korporation Horw unter anderem das Hotel Sternen und die angrenzenden Liegenschaften gekauft. Das Hotel wurde durch einen Neubau ersetzt und 1986 als Seehotel Sternen eröffnet.

Wirten am Pilatushang

Die Korporation Horw besitzt einen weiteren Gastbetrieb: Das Gasthaus Schwendelberg am Pilatushang. Das heutige Restaurant wurde 1977 eröffnet. Das angrenzende Bauernhaus mit Mietwohnungen gehört ebenfalls der Korporation und wurde vor 10 Jahren gebaut. Es ersetzte das Bauernhaus, in dem sich der ursprüngliche Gastbetrieb befand, der «alte Schwendelberg». Bevor das über 200-jährige Bauernhaus abgerissen wurde, fand eine «Ustrinkete» statt. «Wir haben die Wirtschaft nochmals aufleben lassen. Alles war wie vor 50 Jahren. Den Kaffee gab es für 1 Franken 80.» Auch für Heiri Heer ein eindrückliches Erlebnis. «Zwei Tage später fuhr der Bagger auf und das Haus war Geschichte.»

Selber bauen in Etappen

Im Bereich Immobilien änderte die Korporation in den vergangenen Jahren ihre Strategie. Zum einen wird das Land primär im Baurecht abgegeben und nicht mehr verkauft. Es bleibt damit im Besitz der Korporation und trägt zur gezielten Weiterentwicklung bei, ist Heer überzeugt: «Dazu gehören KMU-Betriebe wie die Firma Gössi oder Baugenossenschaften. Ein grosser Teil der 400 Wohnungen der Baugenossenschaft Pilatus wurde auf Land der Korporation im Baurecht erstellt.» Zum anderen baut und bewirtschaftet die Korporation seit rund 30 Jahren selber Wohnungen. «Unsere ältesten Wohnungen befinden sich an der Hans-Reinhard-Strasse und gehören noch heute zu den günstigsten Wohnungen in Horw.» Das jüngs­te Objekt ist ein 14-Familien-Haus an der Ebenaustrasse, das vor wenigen Jahren entstand. Neue Bauvorhaben, insbesondere im Wohnungsbereich, werden sorgfältig geprüft. «Es muss nicht alles jetzt überbaut werden. Auch die nächste Generation soll Horw mitgestalten können», so Heer.

Was ist eine Korporation?

Die luzernische Staatsverfassung kennt neben der Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinde eine vierte Gemeindeart, die Korporation. Diese sind im Kanton Luzern die ältesten Gemeinden. Der Begriff Korporation kommt von lateinisch «corporatio» und bedeutet Körperschaft: ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen mit einem über-individuellen Zweck. Die Korporation Horw hat ihren Ursprung, wie alle anderen Korporationen, im Mittelalter.

Höchster und tiefster Punkt

Der tiefste Punkt der Gemeinde Horw liegt beim Seehotel Sternen auf 433 m ü. M. Der höchste Punkt befindet sich zwischen der Krienseregg und der Fräkmünt auf 1281 m ü. M. im Hochwald (Pilatushang).

Der Fisch im Wappen

Der Name Horw ist erstmals in einer Urkunde von 1231 namentlich erwähnt, in welcher Walter von Hochdorf und seine Gattin Bertha ihr Land und ihre Güter «zu HORWE» dem Benediktinerkloster im Hof in Luzern schenkten. Die Bedeutung dieses Worts lässt sich vom 4. Jahrhundert her verfolgen: Das gotische Wort «hurwin» bedeutet Schlamm oder Sumpfgebiet. Über «horawin» im 9. Jahrhundert wandelte es sich im Mittelhochdeutschen zu «hor, horwes». Der lange Zeit sumpfige Talboden zwischen Pilatus und Halbinsel ist also für den Namen Horw verantwortlich.

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Barsch oder Egli?

Es ist nicht überraschend, dass die Gemeinde mit dem zweitgrössten Seeanstoss am Vierwaldstättersee einen Fisch in seinem Wappen zeigt: einen in Gold schräg gestellten roten Barsch. Volkstümlich nennen wir unser Wappentier «Egli». Wissenschaftlich heisst es Perca fluviatilis. In den Zoologiebüchern erscheint dieser Raubfisch unter dem deutschen Namen Flussbarsch.

Horw oder Horb?

Die in der Luzerner Mundart übliche Aussprache «Horb» hat wahrscheinlich schon oft für Verwirrung gesorgt, da sie vom offiziellen Namen «Horw» abweicht. Aber Horb spricht man viel leichter als Horw, und damit lässt sich diese Unterscheidung erklären. Während sich unsere Gemeinde Horw an die amtliche, historische Schreibung hält, haben andere deutschsprachige Orte die durchgemachte Lautentwicklung in ihrem Ortsnamen «Horb» übernommen.

Benno Zumoberhaus, Gemeindearchivar Horw

Entwicklung: Vom Bauerndorf zur Agglomerationsgemeinde

Wer in der Horwer Geschichte spektakuläre Wahrzeichen oder edle Vorfahren sucht, wird enttäuscht. Aber auch ohne Schlossherren oder ein historisches Dorfzentrum ist die Geschichte Horws wertvoll und geprägt vom Leben von Tausenden von Menschen. Einiges ist auch heute noch sichtbar, anderes ist im Laufe der Zeit verschwunden. So waren es lange Zeit Bauern, Fischer und Handwerker, die das Leben in Horw prägten. Vor allem wegen der Bodenbeschaffenheit verteilten sich die Bauernbetriebe vorwiegend auf der Halbinsel und vereinzelt am unteren Pilatushang.

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Besiedlung des Talbodens

Die zwischen 1890 und 1924 durchgeführten Bachkorrektionen und die Allmendentwässerung machten die Besiedlung grosser Teile des Talbodens erst möglich. Durch die 1889 eingeweihte Brünigbahn, den Ausbau der Strassen, aber auch durch die Postniederlassung und die Einführung der Elektrizität in Horw wurden wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung der Gemeinde im heutigen Zentrum geschaffen. Die gute Wohn-und Verkehrslage begünstigte eine intensive Bautätigkeit. Zwischen 1930 und 1970 hatte Horw das prozentual stärkste Wachstum aller Luzerner Gemeinden; 1968 zählte Horw bereits 10’000 Einwohner. Während die Zahl der Schweizerinnen und Schweizer in den Achtziger- und zu Beginn der Neunzigerjahre zurückging, nahm die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer bis 2010 kontinuierlich zu. Diese zweite Migrationsphase, nach der Arbeitsmigration der 1950er- und 1960er-Jahre, wurde durch den Wirtschaftsaufschwung der Achtzigerjahre begünstigt. Sie trug zu einer lebendigen Mischung von Kulturen in Horw bei, was sich zum Beispiel in der Gastronomie und im Gewerbe widerspiegelt.

Dorfcharakter verschwindet

Das Bauernhaus «Ober Dorni» steht bereits seit 1763 auf der Halbinsel. Es gilt als ältestes sicher datiertes Bauernhaus im Kanton, Aufnahme von 1963.

Durch die Zunahme der Bevölkerung und die veränderte Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur verschwindet der Dorfcharakter allmählich aus den meisten Quartieren. Aber Horw ist nicht zu einer Stadt geworden, auch wenn die Gemeinde inzwischen über 14’000 Einwohnerinnen und Einwohner zählt. Die Nähe von Luzern mag ein Hinderungsgrund dafür sein, aber sie macht eine Entwicklung zur Stadt auch nicht notwendig. Als Agglomerationskerngemeinde zählt Horw zu einem Typus, welcher fast 60 % der Schwei­zer Bevölkerung auf 12 % der Landesfläche beherbergt. Typisch für diese Gemeinden ist auch der hohe Pendleranteil. Das Projekt «Horw Mitte» zielt auf eine weitere Urbanisierung mit einer verdichteten Bauweise um den Horwer Bahnhof. Wie stark dieses neue Quartier die Gemeinde Horw verändern wird, werden die nächsten Jahre zeigen.

Benno Zumoberhaus, Gemeindearchivar Horw